Wie schreibe ich einen Songtext?

Der folgende kurze Artikel ist ein Versuch, ein paar Tipps zu geben, wie man einen Songtext schreibt – und zwar einen möglichst erfolgreichen. Jedem interessierten Leser sei versichert, dass es hier im Wesentlichen um die Grundlagen des Songtextschreibens geht, also nicht um genrespezifische Songs aus Metal, Pop oder anderen Genres.

 

Einleitung: Thema und allgemeine Form

Willkommen zu einem kurzen Überblick über Liedtexte.

Als Walther von der Vogelweide zu seiner Zeit im 13. Jahrhundert das berühmte Lied „Ich saß uf enem Steine“ formulierte, beging er mit diesem politischen Meisterwerk zunächst einmal einen Fauxpas, der im Nachhinein sehr populär ist. Das Lied, das im Grunde das Problem der Unvereinbarkeit von christlichen Morallehren und politischen Notwendigkeiten anspricht, wich stark von Walthers üblichen Minneliedern ab, die ganz dem Ideal der höfischen Liebe gewidmet waren. Mit diesen damals beliebten „Schlagern“ hatte er sich in die Herzen zahlreicher adliger Gönnerinnen und Gönner gesungen – und deshalb konnte er sich danach etwas Politisches erlauben.

Wer sich heute mit dem Schreiben eines Liedtextes beschäftigt, steht zunächst wahrscheinlich vor den gleichen Problemen wie Walther von der Vogelweide und seine Bardenkollegen vor mehr als 900 Jahren.

Wie immer, ob in der Kunst oder in anderen Bereichen, muss man sich zunächst mit den üblichen Konventionen und Regeln vertraut machen. Mit anderen Worten: Wenn du nichts über Musik und Lieder weißt und einfach nur einen Liedtext schreiben willst, wirst du nicht weit kommen.

Wenn du also mit dem Gedanken spielst, es selbst zu tun, besorge dir ein paar klassische Songhandbücher und Textsammlungen und schau dir an, wie die großen Vorbilder der letzten zweihundert Jahre vorgegangen sind.

Als Erstes musst du natürlich das Genre und das Thema auswählen. Bei Liebesliedern im Pop-Genre sind zum Beispiel kurze Strophen üblich, auf die dann ein eingängiger und prägnanter Refrain folgt. Im Metal können die Texte sehr lang sein, und je weiter du dich vom Volks- und Massengeschmack entfernen willst, desto weniger Refrain kannst du haben.

In der Musik, wie auch in der Poesie, basiert jedoch vieles auf Bildern. Wenn du also ein Thema für ein Lied hast, versuche, dir ein Bild vorzustellen, das dazu passt: Für ein Liebeslied zum Beispiel eine Rose, die sich im Morgenlicht öffnet; für ein trauriges Lied ein Mann, der seine Liebste zum Bahnhof bringt und sich für ein Auslandssemester verabschiedet. Wenn du das hast – dann hast du bereits den Grundtyp und das Gerüst für einen erfolgreichen Liedtext geschaffen, der auch mehr Menschen interessieren wird.

 

 

Präzisere Form und Formulierung

Wenn du die Richtlinien im ersten Schritt erfasst und umgesetzt hast, dann weißt du im Grunde, worüber du schreiben willst. Danach geht es darum, das Schreiben des Themas umzusetzen.

Meist hilft es, sich in eine passende Stimmung zu versetzen, zum Beispiel indem du dir passende Filme ansiehst. Auch das Sichten von passenden Songtexten hilft.

Bleib konsequent: Wenn du vorhast, ein einfaches Lied zu schreiben, baue einen wiederkehrenden Refrain auf und formuliere 3 Strophen. Jede Strophe sollte – wenn du in massenkompatiblen Bereichen bleiben willst – nicht mehr als 12 Zeilen haben, der Refrain darf dann durchaus 4 Zeilen lang sein. Wir sprechen hier von Zeilen und beziehen uns auf die typische Zeitungsstandardzeile mit maximal 35 Zeichen. Du siehst also: In der Kürze liegt die Würze.

Wenn es um die konkrete Formulierung geht, zögere nicht, beliebte Phrasen zu verwenden. Oswald von Wolkenstein verwendete in einem seiner Texte eine Formulierung, in der er einen Markt beschrieb, der auf einer Wiese eingerichtet wurde, die sonst als Acker genutzt wurde. Die Wiese, auf der sonst Kühe grasten, nannte er nun wegen der bunten Waren „Augenweide“ – und war damit der Schöpfer des Begriffs, der lange Zeit immer wieder in Texten verwendet wurde. Wenn also auch dir ein Ausdruck aus einem Theaterstück gefällt, verwende ihn – und scheue dich nicht, metaphorische Bilder zu schaffen.

Wenn du zum Beispiel Wut und Enttäuschung beschreiben willst, sprich ruhig von einer geballten Faust, denn das ist seit jeher das typische Manifestationszeichen für Wut. Sprich von den Falten auf der Stirn, schreibe von hochroten Köpfen, nur schreibe nicht, dass jemand wütend ist – es soll lyrisch bleiben und damit leicht umschrieben, leicht nebulös und damit eine reizvolle Abweichung von der üblichen Alltagssprache bilden.

Die hier niedergeschriebenen Tipps scheinen auf den ersten Blick nicht viel zu sein, aber du wirst sehen, dass sie dir helfen werden, in bereits formulierte Texte einzusteigen und sie dann lyrisch wiederzuverwenden. Das hat schließlich auch schon Walther von der Voglweide im Mittellalter getan – denn auch seine Lieder basierten auf früheren, provenzalischen Bardenliedern, die er nur leicht abgewandelt in Versatzstücken für seine neuen Texte verwendete.

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